Verfasser:
Reinhard Bäckmann Dipl.-Ing. VDIUnter strategischer Analyse soll keine, wie man meinen könnte militärische Betrachtung verstanden werden, sondern ausschließlich die strategische Analyse, wie sie in Unternehmen der sozialen Marktwirtschaft im Rahmen von Unternehmensplanungen und –strategien zum Einsatz kommt oder kommen kann. In Wirtschaftsunternehmens erfolgt Strategieplanung im Wesentlichen in der Abfolge von
Gesamthaft ist dies ein Prozess mit vielfältigen Vorwärts- und Rückkopplungen, an dessen Beginn die strategische Analyse steht.
Sie ist ein wichtiger Schritt in der strategischen Planung, da durch diese erst die informatorischen Voraussetzungen für die Strategieplanung geschaffen werden. Sie arbeitet die vergangene, gegenwärtige und zukünftige Unternehmenssituation im Kontext von Umwelt und Unternehmen entweder weitgehend problemfrei oder problembezogen heraus.
Aus den Zielen der strategischen Analyse ergeben sich zwei Grundaufgaben:
Beachtet werden muss, dass eine Konzentration auf strategisch wesentliche und wichtige Einflussfaktoren erfolgt und vor allem die strategischen Erfolgspotentiale (und auch evtl. Misserfolgspotentiale) aufgedeckt und sichtbar gemacht werden, aus denen sich eine Strategieformulierung gewinnen lässt, die zukunftsorientiert und durchführbar ist.
Was gehört zum Unternehmen, was zur Umwelt? Bevor die Umweltanalyse und Unternehmensanalyse durchgeführt wird, ist diese Frage jeder Systemanalyse nach der Systemgrenze oder dem Außen- und Innensystem zu stellen. Hilfreich ist dabei noch eine Unterscheidung in Umgebung und Umwelt.
Umgebung sind alle physischen, sozialen und sonstigen Systeme, die um ein Unternehmenssystem herum existieren, ohne Rücksicht darauf, ob diese für das Unternehmen notwendig oder nützlich sind, und auch die daraus folgenden Umkehrungen.
Umwelt dagegen sind NUR diese physischen, sozialen und sonstigen Systeme in der Umgebung, die das System Unternehmen irgendwie beeinflussen oder beeinflussen können, und auf die in der Umkehrung das Unternehmen Einfluss nimmt oder nehmen kann. Dies kann direkt oder indirekt erfolgen und darf nicht irgendwie unmöglich sein, z. B. wegen Entfernungen oder politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen. Damit steht zumindest fest, was nicht zur jeweiligen Unternehmensumwelt gehört, nämlich das was aus der Umgebung nach der subjektiven Sicht des Analysators, der Unternehmensführung oder externer Analysatoren das Unternehmen nicht beeinflusst und umgekehrt das Unternehmen diesen Umweltbereich nicht beeinflussen kann.
Im Ergebnis kann ein Unternehmen bei identischer Umgebung mehrere bis sehr viele Umwelten unterschiedlicher Quantität und Qualität aufweisen, je nach dem Zweck der strategischen Analyse und dem Analysator, d. h. der Begriff Unternehmensumwelt ist sowohl multivalent als auch unscharf und muss konkret abgegrenzt und definiert werden, um die Umweltanalyse überhaupt zu ermöglichen.
Einige Beispiele sollen dies noch verdeutlichen bei verschiedenen Abnehmern:
Geeignet sind hier
Da die Verflechtungen zwischen Unternehmen jedoch immer mehr Networkcharakter annimmt oder auch virtuelle Unternehmen betreffen, kann dies im Einzelfall trotzdem zu Problemen führen. Im Sinne der Systemanalyse können Beziehungsgruppen zwischen Unternehmen und Umwelt gebildet werden nach
Man darf allerdings nicht so weit gehen, dass z. B. nur am einzelnen Mitarbeiter die Grenzziehung erfolgt zur Umwelt bzw. der vollkommenen Aufhebung der Grenze Umwelt zum Unternehmen.
Entscheidend ist bei der Definition der Zuordnung zu Umwelt oder Unternehmen die Wesentlichkeit und Relevanz des bilateren Einflusses auf die Ressourcen und Chancen und Risiken der Unternehmenszukunft.
Im engeren Sinne ist die Umweltanalyse an dem Zweck und Ziel des Unternehmung zu orientieren im Hinblick darauf, welche Umweltelemente direkt auf diese einwirken, da Interaktionen mit Lieferanten und Kunden bestehen oder notwendig sind. In der Erweiterung gibt es neben diesen noch indirekte Umweltbedingungen, die für die Strategie von genereller Bedeutung sind, wie Demografie, Recht und Gesetz, Ökologie und Politik. Damit wird eine Unterscheidung in
möglich und nötig.
Die Analyse dieser beiden Bereiche soll kurz beschrieben werden.
Das Schlagwort Globalisierung zeigt auf, dass die globale Umwelt nicht mehr unbeachtet und unbeobachtet bleiben kann. Aufgabe der Analyse der globalen Umwelt ist demzufolge, relevante Veränderungen in den Umweltsegmenten zu erkennen und die Auswirkungen auf das Unternehmen zu ermitteln.
Die Segmentierung der globalen Umwelt lässt sich im Wesentlichen in fünf Segmenten zusammenfassen:
Zur ökonomischen Umwelt rechnet man Faktoren, die für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung von Bedeutung sind und auf die Märkte des Unternehmens wirken.
Als politisch-rechtliche Umwelt werden Rahmenbedingungen bezeichnet, die durch Aktivitäten des Staates und der Körperschaften mit Gesetzgebungshoheiten und zunehmend auch auf supranationaler Ebene, wie z. B. der Europäischen Union, vorgegeben werden und von einem Unternehmen berücksichtigt werden müssen.
Bei der soziokulturellen Umwelt stehen gesellschaftliche Werte und Einstellungen sowie kulturelle Normen im Blickpunkt. Hierunter fallen z. B. Einstellungen gegenüber Berufsarbeit, Umwelt, Produkten, oder Dienstleistungen, die unter dem Stichwort Wertewandel aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und diskutiert werden.
Zur technologischen Umwelt rechnet man Produktions-, Verfahrens- sowie Informations- und Kommunikationstechnologien. Dieses Umweltsegment ist für alle Unternehmen von Bedeutung. Es ist für Unternehmen wichtig, den Übergang zu einer neuen Technologie rechtzeitig zu erkennen und dadurch ausreichend Reaktionszeit zu haben.
Hinzu kommt die natürliche (physische) Umwelt. Sie umfasst neben den räumlichen Gegebenheiten die Ressourcen sowie klimatische und ökologische Bedingungen. Dieser Umweltbereich ist für Unternehmen deshalb wichtig, da in die Leistungserstellung Ressourcen (Input) eingehen, Abfallprodukte (Output) entstehen und die Unternehmensleistungen direkte und indirekte Wirkungen auf die natürliche Umwelt haben können – Stichwort: externe Effekte und Marktversagen.
Die Identifizierung der wesentlichen globalen Einflussfaktoren wird durch
möglich. Hinzu kommen quantitative und qualitative Prognoseverfahren als notwendige Voraussetzungen für die Abschätzung der Wirkungen der Umweltentwicklung auf das Unternehmen. Zu beachten ist die Interdependenz von Aufgabenanalyse und globaler Analyse.
Richtet man die Aufmerksamkeit auf die Interaktionen, die zur Erreichung des Unternehmensziels notwendig sind und die damit verbundenen Interessengruppen, so wird dies als Stakeholderanalyse bezeichnet.
Steht jedoch die Wettbewerbsperspektive im Vordergrund, also Kunden, Lieferanten und Konkurrenten, so spricht man von Branchenstrukturanalysen.
Stakeholder sind allgemein Interessengruppen, die einen Einsatz im Unternehmen haben, den sie gewinnen oder verlieren können.
Eine Stakeholderanalyse geschieht vor dem Hintergrund, dass das Verhalten und die Einstellung von Stakeholdern bzw. Stakeholdergruppen die Wettbewerbsfähigkeit und das Überleben eines Unternehmens erheblich beeinflussen können. Diese Analyse kann in drei Schritten ablaufen:
Um potenzielle Stakeholder zu identifizieren, wird zunächst eine Auflistung sämtlicher möglicher Interessengruppen nötig. Im Anschluss daran müssen die Interessengruppen charakterisiert und potenzielle Stakeholder identifiziert werden mit dem Stakeholder Scanning, einer systematischen Umweltanalyse im Hinblick auf relevante Interessengruppen. Nunmehr erfolgt die Bestimmung der Relevanz der jeweiligen Interessengruppen. Dabei wird vor allem auf das Einsatzrisiko abgestellt.
„Hier muss beachtet werden, dass die Bedeutung der Stakeholder höher ist, wenn mehrere Gruppen komplementäre Ziele verfolgen und ausgeprägte Beziehungen zwischen ihnen bestehen. Zielkonkurrenz und fehlende Beziehungen verringern dagegen die Bedeutung einzelner Interessengruppen.“
Für die Branchenstrukturanalyse ist zuerst die Definition des relevanten Marktes nötig, also die Abgrenzung der Branche, die analysiert werden soll von anderen – daraus resultiert wiederum eine Grenzziehung.
Nach Bestimmung und Abgrenzung der Branche empfiehlt sich als nächstes, die Branche als Ganzes systematisch mit dem Ziel zu analysieren, Entscheidungsgrundlagen für das Unternehmen zu erhalten. Dabei sollen die Faktoren herausgestellt werden, die den Wettbewerb innerhalb dieser Branche beeinflussen und deshalb für die in der Branche agierenden Unternehmen von zentraler Bedeutung sind.
Es werden folgende Wettbewerbskräfte unterschieden:
Die Ausprägung und Stärke dieser Kräfte zeigt Ansatzpunkte für Wettbewerbsverbesserungen, Veränderungen der Firmenposition und neuer Märkte auf – deshalb wird dies als Standardinstrument der strategischen Analyse eingesetzt.
Allerdings fand man, dass kein eindeutiger Zusammenhang zwischen den fünf Wettbewerbskräften und spezifischem Unternehmenserfolg besteht, daraus folgte eine Ausweitung der Branchenstrukturanalyse auch auf interne Strukturen.
Die Umweltanalyse bedient sich besonderer Methoden, um Umweltelemente und Einflussfaktoren zu identifizieren. Am Besten wäre es, wenn vom Analysator die gesamte Umwelt einschließlich virtueller Räume des Internets systematisch beobachtet werden könnte. In Anbetracht der knappen Zeit, der Höhe der Transaktionskosten und der begrenzten Auswertekapazität dürfte das aber wohl unmöglich sein. Deshalb kann man möglichst vielen Beobachtern mit kognitiver Kompetenz als Sensoren das Rastern und die Observierung der relevanten Umwelt überlassen.
Ein solches Vorgehen wird als Scanning bezeichnet, wenn es ungerichtet erfolgt, also möglichst breit und nicht auf feste Beobachtungsfelder bzw. –objekte ausgerichtet ist. Ergeben sich Hinweise auf einen möglicherweise für das Unternehmen kritischen Sachverhalt, kann dem Scanning das Monitoring folgen, worunter man ein gerichtetes bzw. fokussiertes Untersuchen eines identifizierten kritischen Sachverhalts versteht, um vertiefende Informationen zu dessen Bestätigung oder Widerlegung zu erhalten. Dazu kann auf so genannte Drittvariablen, d. h. bei der Betrachtung bisher nicht berücksichtigte Einflussgrößen und Zusammenhänge, zurückgegriffen werden.
Ob und wie ein Beobachter Auffälligkeiten wahrnimmt, ist abhängig von seiner individuellen Sichtweise, die ihrerseits geprägt ist durch seine Herkunft, Ausbildung, Wissen, Kompetenz, Interesse sowie persönliche Erfahrungen in Umwelt- und Unternehmensanalysen.
„Das Hauptproblem liegt darin, dass keineswegs immer eindeutig geklärt werden kann, welche Einflussfaktoren in welchem Maß Auswirkungen auf das Unternehmen haben können. Es kann also nicht eindeutig und erst recht nicht generell entscheiden werden, welche Faktoren genauer betrachtet werden sollen, auf welche Entwicklungen bzw. schwachen Signale nur im Rahmen eine Environmental Scanning geachtet werden soll und ab welchen Schwellenwerten für spezielle Elemente bzw. Faktoren konkreteres Umweltmonitoring notwendig wäre.“
Ein solches Environmental Scanning bietet sich z. B. bei der Interaktion von Stakeholdern an, da die Kenntnis der Umwelt bei der Identifikation der Stakeholder nützlich ist. Im Allgemeinen ist ein Scanning bei der breitbandigen Erkennung von Entwicklungen, Trends und Störungen sinnvoll, während das Monitoring sich auf einzelne kritische Sachverhalte und Faktoren erstrecken wird.
„Unternehmen sollten sich ausschließlich auf die Analyse des Wettbewerbs konzentrieren, um ihre Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen“. Dieser Satz behauptet eine Dominanz der Wettbewerbsanalyse und Wettbewerbsfähigkeit allein um die Unternehmenszukunft zu sichern. Wettbewerb ist ein Grundelement sozialer Marktwirtschaft – fehlt dieser, funktioniert auch die Marktwirtschaft nicht.
Damit sich ein Anbieter auf dem heutigen Käufermarkt behaupten kann, benötigt er einen strategischen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz.
Die Suche nach dem strategischen Wettbewerbsvorteil kann mit der Frage eröffnet werden: Warum soll die Kundschaft ausgerechnet bei uns kaufen?
Diese Frage ist der Beginn der Wettbewerbsanalyse und wird in drei Teilen differenziert, die zur strategischen Ausrichtung eines Geschäftsfeldes im Wettbewerb zu beantworten sind:
Bei der Wettbewerbsanalyse wird also das Unternehmen überwiegend in Relation zur Konkurrenz betrachtet über Produkte und Leistungen, die untereinander in Konkurrenz stehen. Im Vordergrund stehen die Wettbewerbsvorteile. Diese können Preisvorteile sein, aber auch in der besonderen Qualität der Produkte bzw. Dienstleistungen liegen, die eine hohe Kundenbindung herstellen.
Wettbewerbsvorteile können in drei Kategorien eingeteilt werden:
Wettbewerbsanalyse alleine ist aber nicht ausreichend, denn neben der Umweltanalyse ist die Unternehmensanalyse ein wichtiger Teil der strategischen Analyse. Als ihr Ziel wird das Aufzeigen gegenwärtiger und zukünftiger Stärken und Schwächen gesehen, die wiederum Ansatzpunkte für die Entwicklung strategischer Wettbewerbsvorteile bilden. Dazu sind in einem ersten Schritt die Ressourcen und Kompetenzen des Unternehmens zu untersuchen und auf diesem Weg (interne) strategische Potenziale zu identifizieren, die sich dann in einen zweiten Schritt vor dem Hintergrund der Ergebnisse aus der Umweltanalyse als Stärken oder Schwächen darstellen können.
Da Stärken und Schwächen vor dem Hintergrund der Analyse von Chancen und Risiken gesehen werden müssen, sind diese abzuschließen mit der Erstellung eines Stärken- uns Schwächenprofils. Dieses soll Informationen bereitstellen über strategische Stärken, die Wettbewerbsvorteile ergeben und strategische Schwächen, die beseitigt werden müssen. Insgesamt müssen die strategischen Erfolgspotenziale sichtbar werden.
Das strategische Erfolgspotenzial ergibt sich nun aus den Kompetenzen und Ressourcen eines Unternehmens und der zu organisierenden Fähigkeit, unternehmens- und umweltbezogene Einflussfaktoren so aufeinander abzustimmen, dass ein langfristiger wirtschaftlicher Erfolg erreicht wird.
Letztlich beruht also das Konzept von strategischen Erfolgspotenzialen auf der Idee eine optimalen Fits zwischen Umwelt und Unternehmen.
Dies kann aber nur erreicht werden, wenn strategische Analysen permanente Einrichtungen im Unternehmen werden und Strategien nicht nur auf dem Papier formuliert werden, sondern das Endziel muss die strategische Unternehmensausrichtung sein, die sich aus dem Dickicht ständiger operativer Korrekturmaßnahmen befreit.
Literatur:
Fragen, Fehlermeldungen, Tipps und Hinweise per Mail an Marcus Bäckmann, danke. Aktualisierung am 19.02.2017